Rehwild
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Das Reh ist nicht nur unsere häufigste Schalenwildart in Bayern, es ist auch die kleinste einheimische Hirschart. Aus der flächendeckenden Verbreitung und dem häufigen Vorkommen könnte man schließen, Rehe seien "vegetarische Allesfresser", weil sie überall leben können. Aber weit gefehlt: Sie sind ausgesprochene Feinschmecker und bei dem, was sie fressen, recht anspruchsvoll. Knospen und Triebe von Bäumen oder Sträuchern, Kräuter und junge Gräser, Obst, Eicheln und Bucheckern, schmecken ihnen besser als altes Gras oder Laub. Zumindest im Wald können sie es sich daher gar nicht leisten, in großen Gruppen (Rudeln) zusammenzuleben. Dort trifft man sie eher als Einzelgänger oder in kleinen Familiengruppen an.
Expertenwissen Rehwild
Aktuelle wildbiologische Studien erlauben überraschende Einblicke in Ernährung und Raum-/Zeitverhalten unserer häufigsten Schalenwildart.
Wie nutzt das Reh seinen Lebensraum? Gibt es jahreszeitliche Unterschiede zwischen Geiß und Bock?
Im "Expertenwissen – Rehwild" werden diese Fragen beantwortet.
Erscheinungsbild
Angepasst ans Leben im Unterholz
Die kleinste einheimische Hirschart wirkt von der Seite betrachtet hinten "etwas überbaut". Es hat eine leicht gekrümmte und nach vorn abfallende Wirbelsäule, wodurch die Kruppe (Becken) höher liegt als der Widerrist (Schultern). Rehe haben lange kräftige Hinterläufe, die Vorderläufe sind weniger muskulös. Kopf und Brustkorb sind eher schmal. So gebaut, kann es mit weiten Sätzen über kurze Distanzen flüchten, um in die nahe Deckung zu schlüpfen. Die Körperform des "Schlüpfertyps" ist angepasst an ein Leben in Gebüsch- und unterwuchsreichen Lebensräumen.
Wissenswertes auf einen Blick
- Wissenschaftlicher Name: Capreolus capreolus
- Gewicht: bis 25 kg
- Größe: bis 70 cm Schulterhöhe, Kopf-Rumpf-Länge 100-130 cm
- Alter: bis 15 Jahre
- Geschlechterunterschied: männliche Tiere tragen ein Gehörn mit 1-3 Enden pro Stange
- Anzahl der Jungen: 1-3, meist 2 Kitze
Rehe können bellen
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Werden Rehe beunruhigt und haben sie die Gefahr noch nicht identifizieren können, dann "schrecken" sie. Das klingt wie das kurze Bellen eines Hundes. Geschlechter lassen sich dabei allerdings nicht unterscheiden. Wenn mehrere "Beller" hintereinander folgen, erinnert das Schrecken eher an Geschrei. Aber hören Sie selbst.
Autor: Frommolt, Karl-Heinz / Tierstimmenarchiv Berlin
Rehwild in Bayern
Jagdstrecke
In Bayern wurden im Jagdjahr 2021/2022 ca. 354.000 Rehe erlegt, in Deutschland über 1,2 Millionen. Die Jagdstrecke ist im langjährigen Trend leicht ansteigend.
Streckendaten Rehwild in Bayern und nach Regierungsbezirken seit 1985 239 KB
Seit dem Jagdjahr 2013/14 werden die Abschusszahlen beim Rehwild jährlich erfasst. Streckendetails zu den 3-Jahres-Jagdperioden von 1985-2012 finden sie auf folgender Seite:
Herkunft und Verbreitung
Verwandtschaft in Nordamerika
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In Europa daheim
Lebensraum und Lebensweise
Abwechslungsreiche Wald-Feld-Landschaften bevorzugt
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Geeignete Habitate gibt’s überall
Plätzen und Fegen
Im Frühjahr markieren Rehböcke optisch aber auch olfaktorisch durch das Abstreifen von Drüsensekreten ein bestimmtes Territorium (Revier, Streifgebiet). Dies erfolgt durch das "Plätzen" (= Wegkratzen des Bodens mit dem Vorderlauf) oder das "Fegen" (= Reiben schwacher Äste oder Baumstämmchen mit dem Geweih), wobei nicht nur der Bast, sondern auch das Sekret einer Drüse auf der Stirn abgestreift wird.
Die Grenzen des Territoriums kontrollieren die Böcke regelmäßig und vertreiben andere Böcke. Die vertriebenen Böcke (oft Jährlingsböcke) finden entweder ein eigenes Revier oder halten sich, möglichst ohne den "Platzböcken" oft zu begegnen, zwischen den Territorien auf. Bis zum Ende der Brunft wird das Territorialverhalten der Rehböcke aufrecht gehalten, was zu einer nahezu vollständigen Verteilung geeigneter Reviere unter den Böcken führt.
Die Geißen nehmen eine ähnliche Raumaufteilung vor, markieren ihr Streifgebiet aber nicht und verteidigen es nicht in dem Maße, wie Rehböcke das tun.
Im Herbst und Winter stehen Rehe gerne in kleineren Gruppen ("Sprüngen") zusammen. Meist sind diese Kleingruppen Familien aus Geiß mit Kitzen und den Vorjahreskitzen, den Schmalrehen, oder einzelnen Böcken. Mit dem Ende des Winters vereinzeln sich die Sprünge wieder.
Expertenwissen Rehwild: Lebensraumnutzung
Das jahreszeitliche Verhalten unserer Rehe hängt von vielen Faktoren ab und ist für fast jedes Revier individuell ausgeprägt. Das Reh kann sich sehr gut an die Gegebenheiten anpassen. Diese können natürlichen Ursprungs sein wie zum Beispiel Witterung, Nahrungsqualität und -quantität, oder menschlich bedingt, zum Beispiel durch Freizeitverhalten oder die Jagd.
Ernährung
Nicht ohne Grund ein Feinschmecker
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Um die Zellwände der gefressen Pflanzennahrung zu "knacken" helfen den Rehen im Magen-Darm-Trakt lebende Bakterien. Die vor allem im Rehpansen lebenden Bakterien brauchen dazu mehr Zeit, je schwerer verdaulich die Zellwände der gefressen Pflanzenteile sind. Der Energiegewinn für das Reh, mit seinem im Vergleich zu anderen Wiederkäuern verhältnismäßig kleinen Pansen, hängt daher vor allem von der Qualität der aufgenommen Nahrung ab.
Die Menge an Nahrung, die pro Zeiteinheit in Energie umgewandelt werden kann, ist bei leichtverdaulicher Nahrung größer. Das Reh selektiert daher aus dem Pflanzenangebot sehr sorgfältig heraus, was es frisst. Zarte, junge Triebe und Blätter, Blüten, Pilze, Samen oder Früchte stehen auf seinem Speiseplan ganz oben.
Expertenwissen Rehwild: Ernährung
In einer Pilotstudie der AG Wildbiologie und Wildtiermanagement am Lehrstuhl für Tierernährung der TU München wurde die Qualität und Energiedichte der Rehnahrung in Wald und Feld miteinander verglichen. Dabei kamen erstaunliche Ergebnisse heraus, die ein paar alte Ansichten über Rehe in Frage stellen.
Fortpflanzung
Raffinierte Schwangerschaftsverlängerung
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Durch diese Keimruhe verlängert sich die Tragzeit, so dass Setz- und Paarungszeit in einer günstigen Jahreszeit liegen. Auch für das Wachstum der Föten wird erst im nahrungsreichen April nennenswert Energie benötigt. Mit der Geburt im Mai steigt der Energiebedarf der Rehgeiß auf etwa das Dreifache des Winterbedarfs, da sie ausreichend Milch für die in der Regel zwei Kitze produzieren müssen.
Rehwild im Jahresverlauf
Wann ist Brunftzeit? Wann kommen die Kitze zur Welt? Wann ist die sogenannte Eiruhe? Im folgenden Diagramm werden die wichtigsten Aktivitäten übers Jahr erklärt.
Nur Rehböcke tragen ein Geweih
Der Rehbock, und nur dieser trägt zwischen Januar und November ein kleines Geweih, wirft seine Geweihstangen im November oder Dezember ab. Sofort danach beginnt die Geweihbildung erneut und ist bis zum späten Frühjahr abgeschlossen.
Jägersprache
Für das Rehwild werden unter den Jägern unter anderem folgende Begriffe verwendet:
- Hexenringe: kreisartige Spuren, die der treibende Rehbock und die Geiß/Schmalreh während der Paarungszeit im Getreide hinterlassen
- Lauscher: Ohren (auch bei anderen Schalenwildarten, außer Schwarzwild)
- Spinne: Euter, auch als Gesäuge bezeichnet
- Decke: Haut/Fell (auch bei anderen Schalenwildarten, außer Schwarzwild)
- aus der Decke schlagen: die Haut / dasFell des toten Tieres abziehen
- Spiegel: helle (weißliche) Fellfärbung am Hinterteil der Hirschartigen (Cerviden)
- Schürze: beim weiblichen Rehwild helles Haarbüschel über dem weiblichen äußeren Geschlechtsorgan
- Knopfbock: Jährlingsbock mit lediglich knopfartiger Geweihbildung (Knöpfe), deren Vorkommen oft ein Zeichen für einen überhöhten Rehwildbestand ist
- Windfang: Nase (auch bei anderen Schalenwildarten, außer Schwarzwild)
- Blattzeit: Paarungszeit des Rehwildes im Juli/August
- Lichter: Augen des Schalenwildes
Jagd und Management
Bestandsregulation durch Bejagung
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Bejagt werden darf das Rehwild je nach Alter in unterschiedlichen Zeiträumen. Kitze und Geißen dürfen vom 01. September bis 15. Januar, Schmalrehe vom 01. Mai bis 15. Januar und Böcke vom 1. Mai bis 15. Oktober bejagt werden.
Rot-, Gams- und Rehwild sind die für den Bayerischen Alpenraum charakteristischen Schalenwildarten. Sie stehen in komplexen Wechselbeziehungen mit ihrem Lebensraum und spielen daher beim Erhalt der Multifunktionalität des Ökosystems Bergwald eine entscheidende Rolle.
Vor diesem Hintergrund hat die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) in Kooperation mit den Bayerischen Staatsforsten (BaySF) und unter Einbindung externer Experten ein Forschungskonzept ausgearbeitet.