Hören, Sehen, Riechen
Wer an das Leben im dichten Unterholz angepasst ist, verfügt über Sinnesleistungen, mit denen in dieser Umgebung sowohl Fressfeinde als auch Artgenossen gut wahrgenommen werden können. Laute, die der Verständigung untereinander dienen, müssen gehört werden. Rehe verfügen daher über ein gutes Gehör. Sie können auch Gefahren mit den Ohren hervorragend erkennen.
Die "rehbraunen" Augen (die Iris beim Reh ist tatsächlich schwarzbraun) befinden sich seitlich am Kopf. Dadurch ist das Sehfeld relativ groß. Rehe können, ohne den Kopf drehen zu müssen, vor allem Bewegungen um sich herum gut wahrnehmen. Im dichten Bewuchs ist aber die Sichtweite oft eingeschränkt. Daher ist neben funktionstüchtigen Ohren und Augen ein gut entwickelter Geruchssinn hilfreich.
Rehe sind sehr geruchsorientierte Tiere. Duftsignale, die in Form abgesonderter Drüsensekrete auch der innerartlichen Kommunikation dienen, können Rehe über weitere Distanzen hervorragend wahrnehmen.
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Wofür kann man Pinsel und Schürze nutzen?
Die Rehkitze kommen mit einem dunkelbraunen und mit weißen Flecken versehenen Fell zur Welt. Die Flecken verlieren sich etwa im August. Rehe wechseln zweimal im Jahr ihr Fell. Ab Mai und Juni sind Rehe im rötlichen Sommerfell anzutreffen, ab September und Oktober im fahlgrauen Winterfell. In der Größe unterscheiden sich die Geschlechter bei erwachsenen Rehen kaum.
Allerdings lässt sich im Winterhaar Rehbock und Rehgeiß gut unterscheiden. Schon bei den Jungtieren (den Kitzen) im ersten Lebensjahr lässt sich mit dem Haarwechsel im Herbst bei dem männlichen Tier der "Pinsel" (Penis) gut erkennen. Beim weiblichen Tier ist die "Schürze" sichtbar, ein helles Haarbüschel über dem weiblichen äußeren Geschlechtsorgan. Betrachtet man ein Reh im Winterhaar von hinten, so sieht das weiß gefärbte Hinterteil beim männlichen Reh nierenförmig aus, das des weiblichen aufgrund der Schürze herzförmig.
Da weibliche Rehe kein Geweih tragen, lassen sich die Geschlechter auch dadurch gut unterscheiden, zumindest im Zeitraum zwischen Januar und November, wenn die Böcke ihr Geweih nicht abgeworfen haben. Dieses wird nämlich gegen Ende eines jeden Jahres abgeworfen und bis zum nächsten Frühjahr neu gebildet.
Verwechselung mit Rothirschen ausgeschlossen
Innerhalb der Familie der Hirschartigen (in der zoologischen Systematik: Cervidae) gehört das Reh zur Unterfamilie der Trughirsche (Odocoilinae bzw. Capreolinae), der Rothirsch zur Unterfamilie der Echthirsche (Cervinae). Das Reh ist also nur sehr entfernt verwandt mit dem Rothirsch. Zoologisch gesehen sind Reh und Rothirsch unterschiedliche Tierarten. Dies wird offensichtlich, wenn man das Erscheinungsbild, die Körpergröße oder auch die Lebensweise von Reh und Rothirsch miteinander vergleicht.
Rotwild
Das "Who's who" der Rehe
Die Geschlechter der ein- und mehrjährigen Rehe unterscheiden sich markant: Nur die männlichen Rehe tragen zwischen Januar und November ein Geweih mit in der Regel ein bis drei Enden pro Strange. Die weiblichen Rehe sind geweihlos. Rehe im ersten Lebensjahr bezeichnet der Jäger als Kitze: Die männlichen als Bockkitze, die weiblichen als Geißkitze. Weibliche Rehe im zweiten Lebensjahr werden als Schmalrehe, die männlichen als Jährlinge bezeichnet. Noch ältere weibliche Rehe nennt man Geißen (in Norddeutschland auch "Ricken"). Die erwachsenen männlichen Rehe ab dem zweiten Lebensjahr sind die Böcke.
Junge, mittelalte, alte Rehe
Selten werden Rehe älter als 10 Jahre. Das Durchschnittsalter in unseren Rehpopulationen liegt mit etwa drei Jahren deutlich darunter. Es gibt verschiedene Möglichkeiten das Alter erlegter (toter) Rehe zu bestimmen. Beispielsweise lassen sich der Zahnwechsel oder nach dessen Abschluss auch der Zahnabschliff zur Altersschätzung heranziehen.
Das Alter eines lebenden Rehes zu bestimmen ist aber nicht in jedem Fall einfach. Was bei den Kitzen, Schmalrehen oder Jährlingen noch relativ leicht möglich ist, wird bei den älteren Rehen in der Jagdpraxis häufig zur "Kaffeesatzleserei". Neben dem Verhalten oder dem sozialen Status gib es auch Körpermerkmale, die sich zur Altersbestimmung eignen.
Haben Sie schon einmal ein Reh genauer angeschaut? Konnten Sie erkennen, ob es sich um ein junges, mittelaltes oder altes Reh handelte? Welche körperlichen Merkmale sich beim lebenden Reh zur groben Altersschätzung eignen, sehen Sie hier. Körpermerkmal zur Altersschätzung an lebenden Rehen | Eignung: + geeignet +/- unsicher - ungeeignet | Junges Reh (1-2 Jahre) | Mittelaltes Reh (3-4 Jahre) | Altes Reh (über 4 Jahre) |
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Habitus (körperliches Erscheinungsbild) | + | Klein, hochläufig wirkend ("gering") | Größer, massiger wirkend ("stärker") | Groß, ausgewachsen wirkend (wenn sehr alt, "zurücksetzend") |
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Hals ("Träger") | + | dünn, aufrecht gehalten | dicker, +/- aufrecht gehalten | dick, +/- waagerecht gehalten |
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Geweih | +/- | Jährlinge tragen oft ein Geweih mit Spießen | ältere Böcke verfegen ihr Geweih oft früher als jüngere | ältere Böcke verfegen ihr Geweih oft früher als jüngere |
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Haarwechsel ("Verfärben") | +/- | Junge, vitale Rehe verfärben in der jeweiligen Haarwechselperiode oft früher | Junge, vitale Rehe verfärben in der jeweiligen Haarwechselperiode oft früher | Junge, vitale Rehe verfärben in der jeweiligen Haarwechselperiode oft früher |
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Gesichtsfärbung | - | große individuelle Unterschiede | große individuelle Unterschiede | große individuelle Unterschiede |
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Grau-weißer Rand um Augen ("Brille") | - | große individuelle Unterschiede | große individuelle Unterschiede | große individuelle Unterschiede |
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Heller Fleck oberhalb der Nase im Sommerhaar ("Muffelfleck") | - | große individuelle Unterschiede | große individuelle Unterschiede | große individuelle Unterschiede |
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