Felsenziegen und Extremsportler

Die Übersetzung des wissenschaftlichen Artnamens "Rupicapra" bedeutet "Felsenziege". Tatsächlich sind Gämsen morphologisch, physiologisch und ethologisch bestens an das Leben in felsiger Landschaft angepasst.

Beispielsweise sind zwei Meter hohe und sechs Meter weite Sprünge im felsigen Gelände kein Problem. Gämsen können selbst in den Hochlagen der Gebirge in abschüssigem Gelände bis zu 50 Stundenkilometer schnell laufen.
Wer in großen Höhen als Extremsportler ohne den Einsatz von Blutdoping zu solchen Höchstleistungen in der Lage ist, muss auch physiologisch entsprechend angepasst sein. Das Blut der Gämsen hat einen hohen Gehalt an roten Blutkörperchen, so dass eine ausreichende Sauerstoffversorgung auch bei hoher körperlicher Leistung gewährleistet ist.
Darüber hinaus haben Gämsen ein besonderes Herz: Es weist ein sehr großes Volumen auf, die Wände der Herzkammern sind wesentlich dicker als etwa beim Reh oder anderen mittelgroßen Huftieren, und es schafft bei Anstrengung unbeschadet eine Frequenz von 200 Herzschlägen pro Minute.

Flexibilität kein Problem: "Gratgams", "Wechselgams", "Waldgams"

Doch auch im alpinen Bereich ist die Lebensraumnutzung der Gämsen flexibel: Es gibt Gämsen, die sich ganzjährig in den Hochlagen oberhalb der Baumgrenze aufhalten ("Gratgämse"), andere wechseln je nach Jahreszeit zwischen den Hochlagen und den tiefer liegenden Wäldern ("Wechselgämse") und wieder andere leben ausschließlich im felsdurchsetzten Wald ("Waldgämse"). Felsen oder felsige Landschaftsstrukturen benötigen Gämsen für ihr Sicherheitsbedürfnis.
Vor Luchsen, Wölfen, Steinadlern oder auch vor Menschen, die wandernd, kletternd, auf Skiern, mit Gleitschirmen oder Helikoptern unterwegs sind und als Bedrohung empfunden werden, fliehen Gämsen in schwer zugängliche Bereiche. Dort wo Fressfeinde wie Luchs oder Wolf fehlen, können Gämsen waldreiche Mittelgebirge oder sogar das Flachland besiedeln.
Geiss mit Kitz
Kindertagesbetreuung für Einjährige garantiert
Der für Menschen in Deutschland inzwischen gesetzlich verankerte "Anspruch auf Förderung in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege", wird beim Gamswild schon seit Jahrhunderten erfolgreich und problemlos umgesetzt.
Wie funktioniert das? Die erziehungsberechtigten Geißen gehen zwar nicht einer Erwerbstätigkeit nach, sie entfernen sich aber zeitweilig aus dem Verband und lassen ihre Kitze zurück, die in den Kindergärten von einer oder mehreren fremden Geißen beaufsichtigt werden. Wenn die Geißen zurückkommen, erkennt das jeweilige Kitz die Mutter am Ruf und schließt sich ihr wieder an.

Einzeln oder in Rudeln

Gämsen sind überwiegend tagaktive Tiere. Daher bekommt man sie bei Freizeitaktivitäten in den Bergen auch relativ häufig zu Gesicht. Die Geißen, Kitze und Jährlinge bilden oft Rudel, deren Größe und Zusammensetzung stark wechseln kann. Oft bilden auch die Jährlinge eigene Rudel, die sich zum Herbst hin den Geißenrudeln anschließen.
Die erwachsenen Böcke gehen bei der Raumnutzung eigene Wege. Ihre Lebensweise lässt sich nur schwer in ein schematisches Grundmuster einordnen. Sie sind flexibel. Zum Teil stehen sie einzeln, im Sommer oft im Wald, und beanspruchen ihre Einstandsgebiete für sich alleine. Eindringlinge werden verjagt. Sie stehen aber auch oberhalb der Baumgrenze friedlich in Rudeln zusammen.
Auch bei der Brunft ist kein fixiertes System der Raumnutzung bekannt. Platzböcke wechseln oft täglich auf der Suche nach paarungsbereiten Geißen zwischen verschiedenen Orten hin und her. Stärkere Böcke verteidigen Brunftplätze auch gegen Rivalen. Imponieren, Verjagen oder gezielte Attacken werden gegen den Gegner eingesetzt. Oftmals kommt es zu beeindruckenden rasanten und äußerst kräftezehrenden Verfolgungsjagden bis der Rivale vertrieben ist.
Direkte Kämpfe, bei denen es auch zu Verletzungen durch die Krucken kommen kann, werden bisweilen ausgefochten, sind aber eher selten. Nach einer erfolgreichen Paarung im November und Dezember setzen die Geißen im Mai oder Anfang Juni jeweils ein Kitz.
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