Steinwild

Eine Steingeiß liegt mit ihrem Kitz auf einem FelsenZoombild vorhanden

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Steinböcke gehören zur Gattung der Ziegen (Capra). Als echte Vertreter der Wildziegen, kommen sie in verschiedenen Unterarten über Eurasien und Nordost-Afrika verbreitet vor. Der auch in Bayern vorkommende Alpensteinbock (Capra ibex ibex) und der Iberische Steinbock (Capra ibex pyrenaica). Steinböcke sind auf ihren Lebensraum in den Felsregionen der Hochgebirge spezialisiert.

Steinwild Geiß Felix Klein
1959 wurde der erste junge Steinbock an der Benediktenwand gesichtet. Dieser stammt vermutlich aus dem nahe gelegen Bächental in Tirol. Dort wurden 1958 Wildfänge aus der Schweiz zur Bestandsgründung ausgewildert. In den Jahren 1967 und 1970/71 erfolgte in mehreren Auswilderungsaktionen die Freilassung von ca. 9 Stück Steinwild an der Benediktenwand. Leider überlebten dabei 2 Steingeißen aus dem Frankfurter Zoo die nächsten Monate in freier Wildbahn nicht. Seit 1970 reproduziert sich das Steinwild an der Benediktenwand erfolgreich, so dass heute dort eine kleine Population mit ca. 100 Tieren lebt. Die Benediktenwand-Kolonie fußt jedoch nur auf wenigen ausgewilderten Gründertieren, die im Vergleich zu anderen Steinwildkolonien aufgrund ihrer geografischen Lage nicht im Austausch mit anderen Kolonien steht. Somit kann keine natürliche genetische Auffrischung stattfinden kann.

In einer wissenschaftlichen Studie wurde in der Vergangenheit bereits festgestellt, dass die genetische Vielfalt in der Benediktenwand-Kolonie sehr gering ist und damit die langfristige Anpassungsfähigkeit des Wildes an veränderte Umweltbedingungen reduziert sein kann.

Um den negativen Folgen der Inzucht und der geringen genetischen Vielfalt entgegenzuwirken, hat der Kreisjagdverband Bad Tölz e.V. des Bayerischen Jagdverbandes ein Projekt zur genetischen Auffrischung der Benediktenwand-Population initiiert. Steinwild darf nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung der obersten Jagdbehörde ausgesetzt werden. Die Genehmigung darf nur erteilt werden, wenn durch das Aussetzen oder das Ansiedeln eine Störung des biologischen Gleichgewichts oder eine Schädigung der Landeskultur oder Gefahren für die öffentliche Sicherheit nicht zu befürchten sind.

Die oberste Jagdbehörde erteilte nach gründlicher Prüfung und breiter Abstimmung mit den Beteiligten die jagdrechtliche Genehmigung zur Auswilderung von 10 Stück Steinwild (davon max. 10 Geisen und 4 Böcke) aus genetisch weiter entfernten Steinwildkolonien in der Schweiz. Damit soll das Steinwild an der Benediktenwand für die Zukunft genetisch besser ausgerüstet werden. Um die Inzucht einer Population effektiv zu reduzieren, sollte die Anzahl der ausgesetzten Tiere mind. zehn Prozent der Populationsgröße betragen. Die bisherige Population wird auf etwa 100 Tiere geschätzt. Folglich bedeutet dies für die Benediktenwand, dass zehn Tiere zur Erreichung dieses Effekts nötig, aber auch ausreichend sind.

Die ausgesetzten Tiere sind mit farblich individualisierten Ohrmarken versehen, damit sie mittels intensiven Monitorings beobachtet werden können. Mit standarisierten Beobachtungsbögen wird der Gesundheitszustand, das Raum-Zeit-Verhalten sowie die Eingliederung der ausgesetzten Individuen in die bestehende Steinwildkolonie überwacht. Zudem wird die Reproduktion der ausgesetzten Steingeißen dokumentiert und zweimal pro Jagdjahr eine Zählung der gesamten Steinwildkolonie durchgeführt.

Am 14.04.2023 wurden nun 8 Stück Steinwild (7 Geißen und 1 Bock) aus der Schweiz an der Benediktenwand in ihre neue Bayerische Heimat entlassen.

Das Projekt wird durch Universität Zürich in den nächsten Jahren wissenschaftlich begleitet, um den Erfolg der Maßnahme beurteilen zu können. In ca. 10 Jahren werden erneut genetische Untersuchungen des Steinwildes durchgeführt.

Steinwild in Bayern

Ein Mann mit Mütze und blauer Regenjacke sieht durch ein Spektiv.

Alpensteinböcke kommen ausschließlich in Europa vor. Ihr natürliches Verbreitungsgebiet erstreckt sich über den kompletten Alpenraum und umfasst damit Frankreich, die Schweiz, Deutschland, Norditalien und Österreich.
Anfang des 19. Jahrhunderts war die Art nahezu ausgerottet. Damals war der Aberglaube weit verbreitet, dass Magensteine des Steinwilds, sogenannte "Bezoarkugeln" sowie das Herzkreuz (ein kleiner Knochen) schützende und heilende Wirkung hätten. Unter anderem deshalb waren die Tiere eine begehrte Jagdbeute.

Lediglich etwa 100 Exemplare der Hochgebirgsbewohner gab es noch im Nationalpark "Gran Paradiso" in Norditalien. Alle heute im Alpenraum lebenden Steinböcke stammen von dieser Restpopulation ab. Die Bestände gehen auf Wiederansiedlungen und natürliche Ausbreitungsvorgänge zurück. Im Jahr 2015 wurde der Gesamtbestand des Alpensteinbockes auf über 50.000 Tiere geschätzt.

Offizielle Bestandserfassung 2016: Fast 800 Steinböcke gezählt

Landkarte mit eingfärbten Landkreise Südbayerns.

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In Bayern wird der Steinwildbestand schon seit Jahren intensiv beobachtet. Die Tiere werden jedes Jahr mindestens einmal in Zusammenarbeit den Unteren Jagdbehörden, den Bayerischen Staatsforsten, den Revierinhabern und den Hegegemeinschaften gezählt.

Steinwild ist in den Landkreisen Bad Tölz, Rosenheim, Miesbach, im Ober- und Ostallgäu, sowie im Kerngebiet des Nationalparks Berchtesgaden beheimatet. Das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat 2016 die gesammelten Daten zusammengefasst und ausgewertet. Eine solche Übersicht gab es zuletzt 2010.

Offizielle Bestandserfassung Steinwild 2016

Steinwild besitzt in vielen Gebieten eine relativ geringe Fluchtdistanz gegenüber dem Menschen, welche mit großer Wahrscheinlichkeit auf dessen Wiederansiedlungsgeschichte, das Sozial- bzw. Raumnutzungsverhalten und die ganzjährige Schonzeit in Bayern zurückzuführen ist. Aus diesem Grund ist Steinwild leicht zu beobachten. Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Tiere mit der Annäherung von Menschen sorglos umgehen, denn erste Reaktionen sind nicht unbedingt erkennbar. Das Heben des Kopfes zur Sicherung der Umgebung oder das Ansteigen der Pulsrate werden vom Wanderer nicht als Reaktion der Tiere wahrgenommen, markieren allerdings schon deren Reaktionsdistanz.

Man sollte ein paar wichtige Verhaltensregeln beachten, um das Steinwild nicht zu beunruhigen:

  • Durch die geringe Fluchtdistanz lässt sich Steinwild leicht beobachten. Jedoch ist auch hier ein respektvoller Abstand einzuhalten, denn es handelt sich um Wildtiere, die nicht vom Menschen gestreichelt werden möchten.
  • Auch das Füttern der Tiere sollte tunlichst unterlassen werden, denn der Wiederkäuermagen ist nicht für Speisereste des Menschen geeignet.
  • Hunde sind von den Tieren fernzuhalten und je nach Situation auch an die Leine zu nehmen, denn im Extremfall wird sich auch ein Steinbock zur Wehr setzen und die zuvor stattgefundenen Droh- und Imponiergebärden werden von den wenigsten auch als solche interpretiert. Steinböcke sind keine Spielgefährten.

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