Forschungsprojekt: Neue Wege zu einem grenzüberschreitenden Rotwildmanagement in Zeiten des Klimawandels

Das gemeinschaftliche Forschungsvorhaben der beiden Nationalparke Bayerischer Wald und Šumava, sowie der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) untersuchte im Zeitraum 2017 bis 2021 eine grenzüberschreitende Rotwildpopulation zwischen Bayern und Tschechien. Mit dem Projekt wurden wertvolle Erkenntnisse über den Populationszustand und zur Raumnutzung der lokalen Rotwildpopulation gewonnen, auf deren Basis Empfehlungen für ein zukunftsfähiges Management im Projektgebiet abgeleitet werden können.

Projektgebiet

Abb.1: Das Projektgebiet umfasste die Flächen der Nationalparke Bayerischer Wald und Šumava sowie Teile der staatlichen Forstbetriebe Neureichenau (Bayern) und Kubany (Tschechien) und wies damit eine Größe von ca. 200.000 ha auf. Mit einsetzenden Schneefällen zieht das Rotwild in die über das gesamte Projektgebiet verteilten Wintergatter, in denen es über den Winter gefüttert wird. Die Gatter werden im Frühjahr wieder geöffnet, sobald den Tieren natürliche Nahrung in ausreichender Menge zur Verfügung steht.

Hintergrund des Projekts

Mit GPS-Halsbandsender markiertes Rotwild-AlttierZoombild vorhanden

Mit GPS-Halsbandsender markiertes Rotwild-Alttier (© Rotwildprojekt)

Der Lebensraum der untersuchten Rotwildpopulation erstreckt sich über die Nationalparke Bayerischer Wald und Šumava sowie über Staatswaldflächen der Forstbetriebe Neureichenau (Bayern) und Kubany (Tschechien) (Abb. 1). Auch wenn Staats- oder Verwaltungsgrenzen für das Rotwild keine Barrieren darstellen, erschweren unterschiedliche Managementansätze und -ziele die großräumige Populationsregulierung und räumliche Lenkung des Rotwildes. Besonders im Frühjahr und Spätherbst, wenn ein Teil der Rotwildpopulation vom Winter- in den Sommereinstand und wieder zurück wechselt, legen die Tiere weite Strecken zurück und queren dabei regelmäßig administrative Grenzen. Auf ihren Wanderungen durchstreifen sie einen Lebensraum, der sich im Wandel befindet. So bieten ausgedehnte Sukzessionsflächen, die durch Stürme wie Kyrill und Kolle oder Borkenkäferbefall entstanden sind, dem Rotwild heute günstige Nahrungsbedingungen. Geänderte Rahmenbedingungen für die Rotwildpopulation ergeben sich auch aus den zunehmend milden Wintern. Menschliche Einflüsse, beispielsweise jagdliche Aktivitäten oder intensivierte touristische Nutzung, verändern zusätzlich das Raumnutzungsverhalten der Wildtiere. In der Folge können Bejagungs- und Überwinterungskonzepte, die unter anderen Bedingungen einst erfolgreich eingesetzt wurden, ihre Wirksamkeit verlieren.
Entwicklung des Rotwild-Zählbestands Zoombild vorhanden

Abb.2: Entwicklung des Rotwild-Zählbestands (© Rotwildprojekt)

Die Rotwildpopulation im Projektgebiet wird derzeit hauptsächlich durch jagdliche Eingriffe reguliert. Die Abschussplanung basiert auf dem Gehölzverbiss sowie den Abschusszahlen der vergangenen Jagdjahre und Zählungen an Fütterungen und in Wintergattern. Dennoch schien der Zählbestand während der letzten 20 Jahre vor Beginn des Forschungsprojekts kontinuierlich zu wachsen (Abb. 2). Eine Verbesserung des Nahrungsangebots sowie eine geringere Wintersterblichkeit infolge des Klimawandels könnten dabei eine wichtige Rolle spielen. Zudem geht man davon aus, dass heute aufgrund der milderen Winter mit weniger Schneefall ein immer größerer Populationsanteil den Winter außerhalb der Gatter verbringt. Da sich diese Tiere der Zählung im Winter entziehen, ist es wahrscheinlich, dass mit der aktuell angewandten Erhebungsmethode die Populationsgröße unterschätzt wird. Der tatsächliche Populationszuwachs könnte also noch deutlicher ausfallen, als aus den vorliegenden Daten zu entnehmen ist.

Von den regionalen Landnutzern wird die Entwicklung der Rotwildpopulation kritisch bewertet. Es besteht die Befürchtung, dass mit dem steigenden Wildbestand eine Zunahme der Wildschäden einhergeht. Basierend auf den Ergebnissen der jährlich stattfindenden Rotwildtagungen in Mauth und den Initiativen der Regierung von Niederbayern wurde das Forschungsprojekt „Neue Wege zu einem grenzübergreifenden Rotwildmanagement in Zeiten des Klimawandels“ – kurz „Rotwildprojekt“ – konzipiert. Folgende Ziele sollten mit dem Forschungsprojekt erreicht werden:

  • Erprobung und Weiterentwicklung unterschiedlicher Verfahren zur Erfassung der Populationsdichte und -struktur
  • Erfassung von Populationsdichte und -struktur sowie eine Analyse der Raumnutzung der lokalen Rotwildpopulation
  • Ableitung von Managementempfehlungen für das Projektgebiet, z.B. für ein zukunftsfähiges Populationsmonitoring
  • Aufbau einer zweisprachigen Informations- und Kommunikationsplattform

Im Rahmen des Forschungsprojekts wurde über einen Zeitraum von dreieinhalb Jahren die Rotwildpopulation auf den Flächen der Nationalparke Bayerischer Wald und Šumava, sowie auf Teilen der Fläche der Forstbetriebe Neureichenau und Kubany mittels moderner wildtierbiologischer Methoden untersucht. Zur Erfassung der Populationsdichte wurden parallel ein Fotofallenmonitoring, eine Kotgenotypisierung und die Zählung mittels Infrarotkamera aus der Luft erprobt. Diese wissenschaftlichen Methoden zur absoluten Dichteermittlung lieferten teils auch Informationen zur Raumnutzung, die durch weitere Daten von Tieren mit GPS-Halsbandsendern ergänzt wurden. Darüber hinaus wurden während einer Jagdsaison erlegte Tiere beprobt, um Informationen zur Kondition und Konstitution zu erhalten. Im folgenden Video stellen Dr. Wibke Peters (LWF) und Prof. Dr. Marco Heurich (Nationalpark Bayerischer Wald) das Projektgebiet vor und geben Informationen zu Hintergründen und Zielen des Projekts.

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Projektüberblick: Neue Wege zu einem grenzüberschreitenden Rotwildmanagement in Zeiten des Klimawandels

Wildbiologische Methoden und Ergebnisse

Mit den folgenden Videobeiträgen möchten wir die Methoden, die im Rahmen des Forschungsprojekts zum Einsatz kamen, im Detail vorstellen. In den Videos präsentieren wir zudem die Ergebnisse, die mit diesen Methoden erzielt werden konnten. Abschließend fassen wir die wichtigsten Projektergebnisse, die sich für das untersuchte Gebiet ergeben, nochmals in Textform zusammen. Interessierte erhalten auf diese Weise einzigartige Einblicke in die Erfahrungen und Ergebnisse des Projektes und können Empfehlungen, die aus dem Projekt resultieren, ggf. in die Praxis umsetzen.
Beschreibung von Körperkonstitution, -kondition und Alter anhand von erlegtem Rotwild
Aus Daten zur Altersverteilung, körperlichen Kondition und Konstitution können Wildtierbiologen und -manager den Zustand einer Wildtierpopulation ableiten. Sie sind somit wichtige Weiser für ein auf Nachhaltigkeit ausgerichtetes Populationsmanagement. Die Entwicklung der Populationsstruktur ist außerdem eine wichtige Kenngröße für die Abschussplanung. Tomáš Peterka (Nationalpark Šumava) stellt die Ergebnisse zum Populationszustand vor. Außerdem informiert er in seinem Beitrag darüber, welche Daten in Zukunft mit einfachen Mitteln erhoben werden können und wie sich diese nutzen lassen.

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Beschreibung von Körperkonstitution, -kondition und Alter anhand von erlegtem Rotwild
Bitte lächeln: die Nutzung von Kamerafallen zur Erfassung der Populationsdichte und Struktur von Hirschen
In vielen Jagdrevieren werden Fotofallen eingesetzt, um Informationen über das Vorkommen und Verhalten von Wildtieren zu sammeln. In den Händen von Wildtierbiologen können Fotofallen aber noch einiges mehr. Mit ihnen kann die Populationsdichte und -struktur von Rotwildbeständen erfasst und anschließend statistisch aufbereitet werden. Maik Henrich (Nationalpark Bayerischer Wald) erläutert das Potenzial von Fotofallen, gibt Auskunft zur wissenschaftlichen Auswertung von Fotofallendaten und stellt die Ergebnisse des Fotofallenmonitorings vor. Eine bebilderte Anleitung am Ende dieser Seite erklärt, wie mit Hilfe von Fotofallen Daten für eine Populationsdichteberechnung generiert werden können.

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Populationsdichteschätzung mittels Kotgenotypisierung und räumlichem Fang-Wiederfang
Dort wo Rotwildkot (in der Jägersprache „Losung“ genannt) im Gelände gefunden wird, muss ein Stück Rotwild beim Absetzen des Kots gestanden haben. Diesen Tatbestand und die genetischen Informationen, die die Losung enthält, machen sich Wildtierbiologen zunutze, um belastbare Informationen zur Populationsdichte, dem Geschlechterverhältnis und Raumnutzungsverhalten des Rotwildes zu erhalten. Dr. Frederik Franke (LWF) stellt die Methode der Kotgenotypisierung vor und erläutert die Berechnung von Rotwilddichten mit Hilfe der räumlichen Fang-Wiederfang-Statistik. Im Anschluss stellt er die im Rahmen des Forschungsprojekts erhobenen Dichteverteilungen vor.

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Populationsdichteschätzung mittels Kotgenotypisierung und räumlichem Fang-Wiederfang

Die wichtigsten Erkenntnisse für das Projektgebiet in Kürze

Rotwild-Dichteschätzung basierend auf der Kotgenotypisierung Zoombild vorhanden

Abb.3: Rotwild-Dichteschätzung basierend auf der Kotgenotypisierung (© Rotwildprojekt)

Mit den vorgestellten Methoden konnte übereinstimmend gezeigt werden, dass die lokale Rotwildpopulation ihren Lebensraum nicht gleichmäßig nutzt. Daraus resultieren deutliche Dichteunterschiede im Projektgebiet. Die Kotgenotypisierung gilt als die zuverlässigste Methode zur Dichteermittlung. Mit ihr konnte für den bayerischen Teil des Projektgebiets eine durchschnittliche Dichte von 2 Tieren/km² und ein Geschlechterverhältnis von 1 : 1,1 (m : w) ermittelt werden. Im tschechischen Teil des Projektgebietes sind die Dichten mit 3,5 Tiere/km² höher. Das Geschlechterverhältnis beträgt hier 1 : 0,9 (m : w) (Abb. 3). Zum Vergleich wurden die Rotwilddichten auch mit Hilfe eines flächendeckenden Fotofallenmonitorings berechnet. Das Verfahren konnte übereinstimmende Ergebnisse liefern. Diese Übereinstimmung ist sehr bedeutsam, weil das Fotofallenmonitoring deutlich zeit- und kostengünstiger ist. Daher eignet sich die Dichteermittlung anhand von Fotofallendaten besonders für ein dauerhaftes Monitoring der untersuchten Rotwildpopulation. Was es bei der Installation von Fotofallen zu wissenschaftlichen Zwecken zu beachten gibt, haben wir in einer bebilderten Anleitung zusammengefasst. Zur wissenschaftlichen Absicherung können die Ergebnisse des Fotofallenmonitorings in regelmäßigen Abständen (z.B. alle 10 Jahre) mit Hilfe einer Kotgenotypisierung validiert werden.

Das Raumnutzungsverhalten des Rotwildes im Projektgebiet wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Veränderte klimatischen Verhältnisse führen beispielsweise dazu, dass migrierendes Rotwild heute später von den Sommer- in die Winterstreifgebiete wechselt als früher. Auch die Verfügbarkeit von Nahrung und Deckung spielen für das Raumnutzungsverhalten eine entscheidende Rolle. Ein besonders vielfältiges Nahrungsangebot bieten die durch Windwurf oder Borkenkäfer veränderten Habitate. Rotwild nutzt diese Bereiche, die sich hauptsächlich in den Hochlagen der beiden Nationalparke entlang der bayerisch-tschechischen Grenze finden, daher besonders intensiv. Sie gehören zu einem großen Anteil zu den Kerngebieten der Nationalparke, in denen das Wild unbeeinflusst von jagdlichen Eingriffen und touristischer Nutzung leben soll.

Rotwild-Dichteschätzung basierend auf dem FotofallenmonitoringZoombild vorhanden

Abb.4: Rotwild-Dichteschätzung basierend auf dem Fotofallenmonitoring (© Rotwildprojekt)

Auch wenn das Rotwild das Projektgebiet unterschiedlich intensiv nutzt, so bildet der lokale Rotwildbestand eine große, zusammenhängende Population. Innerhalb dieser Population treten verschiedene Formen der saisonalen Raumnutzung auf. So unternimmt ein Teil der Population im Frühjahr und Herbst Wanderungen und wechselt vom Winter- ins Sommerstreifgebiet und wieder zurück. Die Projektergebnisse zeigen, dass das Rotwild bei der Frühjahrs- und Herbstmigration teils Distanzen von 10 bis 20 km zurücklegt. Dabei überqueren die Tiere nicht selten die Grenze zwischen Bayern und Tschechien oder wechseln zwischen den Nationalparken oder den Staatsforstbetrieben. Beispielsweise nutzen einige Tiere, die den Sommer im Nationalpark Bayerischer Wald oder Šumava verbringen, ein Wintergatter im Forstbetrieb Neureichenau. Es gibt also weder den bayerischen noch den tschechischen Hirsch!

Das Wintergatterkonzept hat im Projektgebiet sowohl auf bayerischer als auch auf tschechischer Seite eine lange Tradition. Mit immer milder werdenden Wintern könnte künftig ein immer geringerer Anteil der Rotwildpopulation in den Gattern überwintern. Auch wenn im Rahmen des Projekts der Populationsanteil dieser sogenannten „Außensteher“ nicht quantifiziert wurde, konnten mit Hilfe des Fotofallenmonitorings Tiere außerhalb der Gatter nachgewiesen werden (Abb. 4).

Managementempfehlungen für die Akteure im Projektgebiet

  • Die untersuchte Rotwildpopulation nutzt das gesamte Projektgebiet als Lebensraum und überquert bei dem Wechsel von Streifgebieten politische und administrative Grenzen. Der untersuchte Bestand ist somit als eine große, zusammenhängende Population zu betrachten.
    • Managementziele sollten von jeder administrativen Einheit gebietsübergreifend kommuniziert und ggf. diskutiert werden, um die komplexe Raumnutzungsbedürfnisse des Rotwilds im Projektgebiet zu berücksichtigen. Internationale Wildtiertagungen können diesen Prozess unterstützen.
  • Die Abschussplanung im Projektgebiet verfolgt das Ziel, einerseits den Wildtierbestand zu sichern und andererseits das Ausmaß der Wildschäden auf ein tragbares Maß zu reduzieren. Sie basiert auf den Ergebnissen der Vegetationsgutachten (in Bayern: Forstliche Gutachten zur Situation der Waldverjüngung). Teilweise werden weitere Parameter wie die Zählungen in den Wintergattern und an den Fütterungen oder die Analyse der Jagdstrecke mit einbezogen. Durch Methoden zur absoluten Dichteermittlung konnte wissenschaftlich gezeigt werden, dass der Rotwildbestand größer ist, als dies auf Basis der Zählungen im Winter erwartet wurde. Diese Differenz kann mit einem wachsenden Populationsanteil erklärt werden, der aufgrund der heute milderen Winter ganzjährig Gebiete abseits der Wintergatter nutzt und sich so der Gatterzählung entzieht. Die wissenschaftlichen Methoden zur absoluten Dichteermittlung berücksichtigen auch Tiere, die die Wintergatter nicht aufsuchen.
    • Als zukünftige Methode zur Festlegung der Abschusshöhe im Projektgebiet, empfiehlt sich das oben angesprochene Fotofallenmonitoring.
  • Ein Teil der untersuchten Rotwildpopulation wechselt regelmäßig zwischen Sommer- und Winterstreifgebiet. Dies führt in einzelnen Bereichen zu einer starken Variation der Wildtierdichte und zu einer Verschiebung des Geschlechterverhältnisses. Beispielsweise ist die Rotwilddichte im Forstbetrieb Neureichenau während der Sommermonate mit weniger als einem Tier pro 100 Hektar im Vergleich zu den Nationalparken Bayerischer Wald und Šumava gering und nimmt im Winter zu, weil Tiere aus den Nationalparken in den Forstbetrieb wechseln.
    • Bei der Abschussplanung sollte stärker berücksichtigt werden, wo sich das Wild während der Jagdzeit aufhält.
    • Viele Tiere der migrierenden Teilpopulation nutzen im Sommer die geschützten, ruhigen Kerngebiete der Nationalparke. Im Gesamtgebiet sollte der Großteil des Abschusses möglichst vor dem Einsetzen der Herbstmigration durchgeführt werden, um die natürliche Migration möglichst nicht zu beeinträchtigen. Managementmaßnahmen in den Wintergattern des Nationalparks Bayerischer Wald sind momentan zeitlich so gestaltet, dass anteilig mehr Tiere der migrierenden Teilpopulation entnommen werden. Es sollten Managementstrategien entwickelt werden, die es ermöglichen, migrierende Tiere und nicht-migrierende Tiere entsprechend ihres Populationsanteils zu entnehmen.
  • Das Raumnutzungsverhalten der Rotwildpopulation wurde im Projektgebiet intensiv beleuchtet. Alle Erkenntnisse auf Grundlage der GPS-Telemetrie basieren aber auf Daten von weiblichen Tieren, die die Wintergatter und Fütterungen nutzen. Als Reproduktionsträger spielen weibliche Tiere für die Populationsdynamik eine besondere Rolle. Es muss aber davon ausgegangen werden, dass sich das Raumnutzungsverhalten der weiblichen Tiere von dem ihrer männlichen Artgenossen und solchen Tieren unterscheidet, die die Gatter und Fütterungen im Winter nicht aufsuchen.
    • Es ist empfehlenswert, das Raumnutzungsverhalten der Rotwildpopulation im Projektgebiet auch unter Berücksichtigung der Hirsche und der sogenannten Außensteher abzubilden.
  • Großraubtiere wie Wolf und Luchs beeinflussten die Rotwildpopulation im Projektzeitraum wahrscheinlich wenig. Neben den Auswirkungen des Klimawandels kann das Rotwild im Projektgebiet künftig zusätzlich durch das Auftreten des Großen Amerikanischen Leberegels – einem aus Amerika eingeschleppten Wildtier-Parasiten – beeinflusst werden.
    • Monitoringmaßnahmen können dazu dienen, diese Einflussfaktoren zu beobachten um ggf. entsprechend reagieren zu können.

Die verschiedenen Managementsysteme im Vergleich

Rotwild an Futtertischen im WintergatterZoombild vorhanden

Rotwild an Futtertischen im Wintergatter

Momentan kommen im Projektgebiet verschiedene Rotwild-Managementsysteme zur Anwendung. So unterscheidet sich das jagdliche Management in Bayern von dem Tschechiens. Aber auch innerhalb der beiden Länder kommen beispielsweise in den Nationalparken andere Managementmethoden zum Einsatz als in den Forstbetrieben.

In Bayern sind insgesamt zehn Rotwildgebiete in verschiedenen Landesteilen ausgewiesen. Diese dienen dem Management der Rotwildbestände und ermöglichen gleichzeitig die Interessen von Landeskultur und Jagd in Einklang zu bringen. Der Nationalpark Bayerischer Wald und der Staatsforstbetrieb Neureichenau zählen zu dem fast 55.000 ha großen Rotwildgebiet Bayerischer Wald. In Tschechien bestehen Hegegemeinschaften, Rotwild kommt aber auch außerhalb dieser Hegegemeinschaften vor. Sowohl auf bayerischer wie auch auf tschechischer Seite wird mit einem umfassenden Fütterungskonzept versucht, das Rotwild im Winter an festgelegte, meist umzäunte Bereiche zu binden, um flächige Schäden an land- und forstwirtschaftlichen Kulturen zu reduzieren. Dafür wurden zum Zeitpunkt der Untersuchungen 16 Wintergatter und -fütterungen (sechs in Bayern und zehn in Tschechien) verteilt über das gesamte Projektgebiet betrieben. Sobald sich im Winter eine geschlossene Schneedecke gebildet hat, „locken“ diese Gatter bis zum Frühling unter anderem mit Heu und Grassilage. Das Rotwild zieht zu Beginn der kalten Jahreszeit selbstständig in die Gatter und an die Fütterungen. Milde Winter und geringe Schneelagen führen allerdings dazu, dass das Rotwild diese Einrichtungen immer seltener nutzt.

Im Zentrum der beiden Nationalparke Bayerischer Wald und Šumava wurde eine grenzübergreifende Kernzone eingerichtet. Auf dieser 26.050 ha (18.750 ha Bayerischer Wald und 7.300 ha Šumava) großen Fläche werden menschliche Eingriffe weitestgehend unterlassen, es besteht ein striktes Wegegebot und Rotwild wird auf dieser Fläche nicht reguliert. Anders ist dies in den Randbereichen der beiden Nationalparke. In diesen Bereichen findet eine Regulierung des Rotwilds statt, um Schäden auf den, an die Nationalparke angrenzenden Flächen, zu reduzieren. Der Nationalpark Šumava entnimmt adultes Rotwild ab Anfang Juli (männliche Stücke) bzw. August (weibliche Stücke) bis Ende Januar. Stücke unter zwei Jahren können ganzjährig entnommen werden. Im Nationalpark Bayerischer Wald ist die Regulierung von Rotwild von Anfang Juni bis Ende Januar (Juni und Juli nur Schmaltiere und -spießer) gestattet. Circa 15 bis 35 % der Rotwidstrecke erfüllt der Nationalpark Bayerischer Wald durch Entnahmen in den Wintergattern, so dass eine Reduktion des Jagddrucks außerhalb der Gatter erreicht werden konnte. Im Forstbetrieb Neureichenau wird Rotwild zu den gleichen Zeiten wie im National Bayerischer Wald reguliert, allerdings herrscht auf der gesamten Forstbetriebsfläche im Juli und August Jagdruhe auf Rotwild.

Großraubtiere wie Wolf und Luchs beeinflussten die Rotwildpopulation im Projektzeitraum wahrscheinlich wenig. Auch durch Verkehrsunfälle oder andere Ereignisse kamen nicht mehr als 10 % der Tiere zu Tode. Die Populationsregulation wurde somit vorwiegend durch Bejagung und Gatterabschuss (nur im Nationalpark Bayerischer Wald) erreicht. Auf beiden Seiten der Landesgrenze werden die Abschusspläne anhand des Zustands der Vegetation (Waldverjüngung; z.B. Forstliches Gutachten zur Situation der Waldverjüngung in Bayern) festgelegt. Mit einbezogen werden teils die Abschusszahlen des Vorjahres sowie Zählungen an Wintergattern und -fütterungen.

Anleitung zum Aufstellen von Fotofallen zu wissenschaftlichen Zwecken

Mit Kamerafallen lassen sich Daten zur wissenschaftlichen Dichteabschätzung von Wildtieren erheben

Mit Kamerafallen lassen sich Daten zur wissenschaftlichen Dichteabschätzung von Wildtieren erheben (© Rotwildprojekt)

Fotofallen kommen in vielen Jagdrevieren zum Einsatz. Jagdausübende sind im Umgang mit Kamerafallen daher oft geübt. Um mit einer Fotofalle Bilddaten zu generieren, die eine anschließende wissenschaftliche Auswertung erlauben, gibt es aber einige Besonderheiten zu beachten. Die folgende Anleitung gibt Hinweise für die Installation einer Fotofalle zu wissenschaftlichen Zwecken.


Anleitung zum Aufstellen von Fotofallen zu wissenschaftlichen Zwecken pdf 1,6 MB

Interner Bereich

Die folgenden Links führen zu einem passwortgeschützten Bereich für Projektbeteiligte.

Projektpartner:

Projektpartner Rotwildmanagement