Potenziell natürliche Lebensräume der Raufußhühner in den bayerischen Alpen

Vogelarten sind in hohem Maße an bestimmte Strukturen in ihrem Lebensraum gebunden. Die Raufußhühner - Auerhuhn, Birkhuhn und Haselhuhn - besiedeln als boreomontan- verbreitete Arten boreale Nadelmischwälder beziehungsweise Wälder der Berglagen. Diese eher lichten Wälder sind durch einen kleinflächigen Wechsel von helleren und dunkleren Waldphasen geprägt. Natürliche Lebensräume für die Raufußhühner sind in Bayern lichte Hochlagen- Nadelwälder, beerstrauchreiche Tannenwälder, Moorwälder und die obersten Lagen der Bergmischwälder. Da Waldgesellschaften stark von den jeweiligen Standortbedingungen (Boden, Klima, Exposition) abhängig sind, kann man sie anhand derer ableiten. Das Waldinformationssystem Nordalpen (WINALP) liefert detaillierte Informationen zu den potenziell natürlich vorkommenden Walgesellschaften. Auf der Grundlage dieser Daten wurden die Lebensräume für die Raufußhühner in den bayerischen Alpen modelliert. Über die letzten Jahrhunderte veränderten sich die Lebensräume durch menschliche Eingriffe, wodurch die modellierten Waldgesellschaften häufig nicht mehr mit Wald bestockt sind.

Waldinformationssystem Nordalpen - WINALP Externer Link

Höhenzonierung der natürlichen Lebensraumtypen

Höhenzonierung der natürlichen Lebensraumtypen in den bayerischen Alpen. Dargestellt ist sowohl die Höhenstufe, als auch die Natura 2000 Lebensraumtypen mit EU – Code und den geschützten Biotopen. Die Säulen zeigen die Höhenverbreitung der Raufußhühner. (Quelle: LWF)

Haselhuhn

Das Haselhuhn benötigt als Lebensraum deckungsreiche, mehrschichtige Bergmisch- und Hochlagenwälder mit einer deckungsreichen Krautschicht. Pioniergehölze wie Birken, Weiden, Erlen und Pappeln sind von besonderer Bedeutung. Ihre Knospen, Triebe und Kätzchen sind im Winter und im Frühjahr eine zentrale Nahrungsquelle. Da alle natürlichen Berg- und Hochlagenwälder einen gewissen Deckungsreichtum und Pioniergehölzanteil aufweisen, sind alle Waldgesellschaften bis zur Baumgrenze durch das Haselhuhn besiedelbar. Aus der Modellierung ergibt sich dadurch eine Fläche von 355.403,75 ha als potenziell natürlicher Lebensraum für das Haselhuhn.

Birkhuhn

Ganzjahreslebensraum des Birkhuhns sind lichte Wälder. Im Gegensatz zu Haselhuhn und Auerhuhn ist das Birkhuhn für die Balz auf gehölzfreie Flächen angewiesen. Diese werden in den borealen Nadelwäldern von Hochmooren und zugefrorene Seen als Balzarenen genutzt, im Alpenraum sind es überwiegend alpine Rasen und Almflächen. Vor allem die Verzahnungsbereiche von Wald und Offenland sind für das Birkhuhn von besonderer Bedeutung. Sein potenziell natürliches Verbreitungsgebiet in den bayerischen Alpen umfasst 125.155,79 ha.

Auerhuhn

Um den potenziell natürlichen Lebensraum des Auerhuhns zu modellieren, wurden Standorte mit natürlichen Hochlagen-Fichtenwäldern, beerstrauchreichen Tannenwäldern, Lärchen- und Zirbenwäldern, nadelholzbetontere oberste Lagen der Bergmischwälder, Moorwäldern, Schneeheide-Kiefernwäldern oder kaltluftführende, nadelbaumbestandene Blockwäldern berücksichtigt. Anhand dieser Waldgesellschaften sind im bayerischen Alpenraum 81.120,42 ha als potenziell natürlicher Lebensraum für das Auerhuhn geeignet.

Durch menschliche Einflüsse wurde die Landschaft im Alpenraum stark verändert. Zirka 40% der potenziell natürlichen Lebensräume für das Auerhuhn sind heute nicht mehr mit Wald bestockt.

Potenzielle Verbreitung des Auerhuhns in den Bayerischen Alpen inklusive tatsächlicher Waldflächen (grün). Quelle: LWF

Potenziell natürliche Lebensräume des Auerhuhns in den Bayerischen Alpen, die derzeit auch tatsächlich noch mit Wald bestockt sind. Gemäß dieser Modellierung stehen dem Auerhuhn theoretisch knapp 50.000 ha seiner ursprünglichen Lebensräume zur Verfügung. Außerhalb dieser Flächen können jedoch auch vom Menschen gestaltete Nadelmischwälder auf großer Fläche besiedelt werden. Bei der Modellierung wurden die Waldgesellschaften aus WINALP als auch die tatsächliche Waldfläche (Atkis) berücksichtigt.